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Bangweulu – Der Herrscher der Sümpfe

Die Einkaufsliste

Punkt 15.30 Uhr gehen wir wieder zur Bush-Lounge, wo auch schon Kaffee, Milch und heisses Wasser bereit steht. Ja ich habe es inzwischen verstanden. Hier steht mit unsichtbaren Buchstaben geschrieben: „Nicht anrühren, bevor eine ausführliche Instruktion über die auf dem Tisch befindlichen Utensilien stattgefunden hat!“. Wir halten uns an diese Weisung und warten auf unseren freundlichen Kellner, der uns sodann auch sofort die Erklärung gibt: „Hot water here, Coffee here, Sugar here, Milk here“. Dies war das Startsignal um endlich und auf eine legale Weise Kaffee in die Tasse zu giessen. Im Hintergrund werden wir vom „Blubb-Sound“ berieselt und es scheint, dass seit mehreren Tage nur dieses Lied am Radio oder MP3-Player gespielt wird. Oder es klingen hier einfach alle Lieder gleich, ein weiteres Rätsel, das ungelöst bleibt.

Dafür können wir den Funkverkehr mit Kasanka mithören bzw. wie sich der Funker (Küchenchef?) abmüht, die Bestellung für die nächste Lieferung per Flugzeug durchzugeben. Was er wohl nicht begriffen hat, ist die Tatsache, dass der Typ anderen Ende der Funkstrecke seine Worte nicht besser versteht, wenn er lauter spricht. Manche Begriffe bleiben auch uns ein Rätsel; wären wir am anderen Ende, würde wohl nur die halbe Lieferung hier ankommen. Es sind auch lustige Dinge dabei, wie "Sharp Knifes".

Die Herrscher der Sümpfe

Am späteren Nachmittag unternehmen wir einen „Walk“ durch die Sümpfe. Es ist die Ruhe vor dem Sturm, denn es ist noch heiss aber wir wissen genau, dass wir von Millionen von Mücken-Augenpaaren beobachtet werden. Diese Biester warten nur auf ihre Opportunität uns zu attackieren aber momentan ist die Lage noch voll unter Kontrolle. Zwischendurch müssen wir über einige Kanälchen hüpfen und  jedes Mal besteht natürlich das Risiko, dass meine Canon Mark 5 eine Schlammkur erhält und der Gehäuseanstrich von schwarz auf braun wechselt. Das Risiko ist es allerdings wert, denn so können wir noch die eine oder andere Landschaftsaufnahme machen.

Es gibt hier wirklich unzählige lustige Vögel, aber einer ist besonders hervorzuheben: Der Sniper. Dieser Vogel kann einfach nicht ruhig fliegen und er macht stets ein Geräusch einer beschleunigenden Maschine wenn er herumfliegt. Es ist wirklich amüsant dem Treiben zuzuhören. Da die Sonne zwischenzeitlich droht dem Horizont zu entschwinden und wir vor einem mehr als hüfttiefen Wasserloch stehen, drehen wir wieder um in Richtung Camp. Inzwischen sind auch die Millionen von Mücken in ihren Startlöchern und wir werden regelrecht attackiert. Dank Anti-Mücken-Spray können wir die Biester einigermassen abhalten aber ich möchte nicht wissen, wieviele Stiche unser Guide abgekriegt hat. Hier gehört das zum Leben dazu und Malaria ist in dieser Gegend alles andere als ein Fremdwort.

Der Manager

Nach dem Nachtessen taut auch Boyd etwas auf und erzählt uns, wie seine Karriere bis zum Camp-Manager verlaufen ist. Ursprünglich hat er als Nachtwächter in einer Lodge angefangen. Diesen Job hat er jedoch nur ca. 3 Monate gemacht, vermutlich weil auch andere erkannt haben, dass in diesem Mann doch noch etwas mehr Potential schlummert - es existieren also doch auch gute Chefs auf dieser Welt, welche das Potential ihrer Mitarbeiter erkennen und diese entsprechend weiterentwickeln! Boyd durfte nach seinem Nachtwächter-Job im Service helfen und auch den Barbetrieb unterstützen. So hat er sich schrittweise hochgearbeitet und heute ist er stolzer Manager vom Bangweulu-Camp. Mit der Weiterbildung war es immer etwas schwierig, da seine Chefs natürlich immer Angst hatten, ihn zu verlieren, wenn er sich an einem anderen Ort weitere Kenntnisse aneignete. Auf alle Fälle scheint er seinen Laden im Griff zu haben und geht auch mal mit seinen Leuten mit, um ihnen zu zeigen, welches Feuerholz sie bringen müssen. Scheinbar haben sie ihm letztes Mal nur „Lumpen-Ware“ gebracht, sodass er beschlossen hat, den Leute vor Ort zu zeigen, welches Holz sie nehmen müssen. Berry-Tree o.ä. den musst Du nehmen – das weiss doch hier jedes Kind! Auf meine Frage bezüglich Holzkohle meint er, dass dies grundsätzlich ok wäre, 50kg kosten ca. 15-20 ZKW, problematisch ist dann eben mehr, dass das Ganze schwer mit „Conservation“ vereinbar sei. Durch den Holzkohle-Kauf besteht natürlich die Gefahr, dass zu viele und die falschen Bäume gerodet werden. Das ganze Ökosystem ist hier überall und irgendwie miteinander verflechtet. Es braucht daher doch ziemliche Kenntnisse, den ganzen Tourismus so zu gestalten, dass das Ökosystem darunter nicht zu fest leidet.

Um das Ganze etwas zu verdauen, muss noch ein Kaffee her und es folgt die gewohnte Erklärung: Hot water here, Coffee here, Sugar here, Milk here – ja, ich hab’s inzwischen kapiert! Aber es ist ja alles nett und freundlich gemeint.

Es geht zurück in unser Zelt, welches zwischenzeitlich eine moskitofreie Zone darstellt. Kein Wunder, mit den Räucherspiralen haben wir vermutlich alles im Umkreis von 20m vernichtet, was fliegen und stechen kann. Nur unsere „Haustiere“ haben überlebt: Die „Mini-Dinosauerier“ und die kleinen Frösche, welche sich gerne auf den Strohmatten ausruhen. Es bedarf in der Dunkelheit immer wieder etwas Geschick, nicht auf diese schleimigen Kleinmonster zu treten.

Walking-Safari auf dem Flugfeld

Am nächsten Morgen (leider) das letzte Mal: „Hot water here, sugar here, milk here“ und es gibt ein Problem: Gehen wir nun auf eine Expidition oder auf eine Experience? Wir werden es nie herausfinden. Ebenfalls nie herausfinden werden wir, warum wir etwas zwei Stunden zu früh am Flugplatz sind, um auf diesem eine „Walking-Experience“ hinter uns zu bringen, die Letchwes ausser Sichtweite und der zahme Schuhschnabel eigentlich in Griffweite nach dem Bootsausstieg. Die vielen Einheimischen werden sich wohl gewundert haben weshalb ich mir die Mühe nehme, den tonnenschweren Fotorucksack eine Stunde lang durch die Gegend zu tragen, nur um dann am Ausgangspunkt den zahmen Schuhschnabel mit der Weitwinkelkamera abzulichten. Aber man muss eben nicht immer alles verstehen. Es soll den Einheimischen nicht anders gehen als uns!

Gegen zwölf Uhr ertönt dann in der Ferne (und immer noch ausser Sichtweite!) das Geräusch eines Kleinflugzeugs. Panikartig verlassen die Einheimischen die Graspiste und verlieren dabei beinahe das gesammelte Feuerholz auf dem Kopf. Vorschriftsgemäss wird auch der Feuerlöscher auf die Piste befördert. Über Sinn und Zweck muss man hier nicht nachdenken, selbst wenn der Feuerlöscher sogar echt wäre und im besten Fall auch noch gefüllt wäre. Vorschrift ist Vorschrift. Wir gehen mal davon aus, dass wenn das Flugzeug brennen würde, wäre es für jedermann vorteilhaft sich möglichst schnell in Sicherheit zu bringen, anstelle mit dem roten blechigen Teil das Feuer zusätzlich anzuheizen.

Die Sensation in den Bangweulu-Sümpfen

Die Maschine setzt dann nach einer Platzrunde auf und hüpft regelrecht über die Piste. Der Pilot Sebastian regt sich etwas über den Zustand der Piste auf und beschliesst, diese vor dem erneuten Start nach Löcher abzusuchen. Daraufhin schreitet er die ganze Start-/Landebahn ab, um herauszufinden, dass sich diese Piste nicht gerade im besten Zustand befindet. Aber eben, irgend jemand müsste halt hier mal wieder die Löcher auffüllen.

Inzwischen werden wir von der gesamten Nachbarschaft beobachtet und alle schauen gebannt zu, was der Blechvogel alles geladen hat. Tatsächlich ist die Shopping-Liste am Vortag per Funk richtig übermittelt worden und es befinden sich sogar ca. 3 Kartons unbeschädigte Eier unter der Ware! Es bleibt auch hier ein Rätsel, wie die Eier die holprige Landung überlebt haben.

Gebannt warten nun etwa 50 Augenpaare auf unseren Start und wir verabschieden uns mit einem Winken von den Zuschauern und den zig-Millionen von Moskitos. Diese Mistviecher lassen wir sehr gerne zurück, aber in Kasanka werden uns schon die nächsten Plagegeister erwarten.

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